Archiv für November, 2014

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28
Nov

Fürchtet euch, denn wie schnell ist nichts passiert!?

Auf der Suche nach einer guten Geldanlage stolperte ich über folgende alarmierende Überschrift „Negativzinsen für Sparer – Bank verlangt Geld für Spareinlagen!“. Geschockt erreichte ich meine Bank gerade eben vor Toresschluss, um mein Erspartes zu sichern. Zuhause versteckte ich die paar Euros unter dem Kopfkissen und checkte auf dem Weg zum Abendessen die Nachrichten „Volkskrankheit Burnout – müssen wir bald alle zum Psychiater?“ Mein Atem stockte. Erschreckt blickte ich auf und sah die Approbationsurkunde meiner Freundin. „Puuh“, dachte ich erleichtert: „Den Gang kann ich mir sparen!“ und las weiter: „Russland dreht den Gashahn ab! Die deutschen Gasreserven reichen nur noch 100 Tage! Der Gaspreis steigt!“ Von der Überlebensangst getrieben, probierte ich, dem sicheren Kältetod mit der Anschaffung eines Holzkohleofens mit Expresslieferung zu entrinnen. Als ich den Ofen gerade aufgebaut hatte und mir die romantischen Winterabende vor dem knisternden Feuer vorstellte, blinkte eine Pop-Up-Nachricht auf dem Handy „Alarm! Vogelgrippe in Europa! Deutsche Betriebe betroffen!“. Ich kann euch sagen, Hähnchen-Curry ohne Hähnchen ist wie der King ohne Burger. Nach dem vermeidlichen Abendessen schweifte mein Blick wieder über die Nachrichten „Das sind die Drehkreuze der Ebola-Seuche – Übersicht der Ebola-Fälle in Europa!“. Von der Angst vor dem Killervirus gepackt, las ich den Artikel, orderte umgehend im Online-Shop Schutzkleidung sowie Desinfektionsspray und registrierte mich auf der Warteliste für das erste Impfserum. Als die Lieferung angekommen war und ich die Schutzkleidung anprobiert hatte, konnte ich endlich beruhigt einschlafen. Am nächsten Morgen titelte die Tageszeitung „IS-Terror in Deutschland“- Sollte ich Opfer eines Anschlags werden? Wie aus Reflex überprüfte ich meine Kontaktliste nach möglichen Schläfern und Salafisten. Da mich schon der Kindergarten gelehrt hatte, niemandem zu vertrauen, löschte ich sicherheitshalber mein Adressbuch, begann den Koran zu studieren und beschloss die nächsten Wochen im Keller zu verbringen. Dort sitze ich immer noch auf meinen Ersparnissen, vor meinem Holzkohleofen, in meinem Ebola-Schutzanzug, mit vegetarischen Konserven, hinter einer feuerfesten Bunkertür und freue mich, dass mir noch nichts passiert ist. Aber auch nichts passiert.

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6
Nov

Weselhimmel

Es war einmal ein großes Bonbongeschäft, dass das ganze Land mit verschiedenen Bonbons versorgte. In diesem Geschäft arbeiten viele Verkäufer, aber auch Bonbonbäcker sowie Raum- und Bodenkosmetiker. Lange Zeit war es das einzige Bonbongeschäft im Land, weil es als einziges die Bonbonmaschine benutzen durfte. Seit einiger Zeit dürfen auch andere Geschäfte mit der Bonbonmaschine arbeiten, jedoch nur um seltene, nicht besonders nachgefragte Bonbons zu produzieren.
Irgendwann kamen die Bonbonverkäufer auf die Idee, für einen besseren Lohn zu streiken. Sie wählten einen Streikführer, der nach kurzer Zeit nicht nur die Verkäufer sondern auch die Bonbonbäcker und Raumpfleger vertreten wollte. Um seine Macht zu demonstrieren, rief er nach mehreren kleinen Streiks zu einem großen Streik auf. Die ohnehin schon strapazierten Kunden mussten sich Alternativen suchen, um nicht zu unterzuckern. Einige Kunden wichen auf das Schokoladengeschäft aus, welches rasch die Kundenanfragen nicht mehr bearbeiten konnten, sodass es sich bis weit vor das Geschäft staute. Andere Kunden probierten die selteneren Bonbons der kleinen Bonbongeschäfte, kamen auf den Geschmack und brauchten fortan das große Bonbongeschäft nicht mehr. Irgendwann hielt der Geschäftsführer des großen Bonbongeschäfts dem Druck der Verkäufer nicht mehr stand und erhöhte deren Löhne, jedoch nicht ohne im Hinterkopf die Möglichkeit von Einsparungen durch Kündigungen von Verkäufern durchgespielt zu haben. In jüngster Zeit fehlen dem großen Bonbongeschäft viele Kunden, sodass der Geschäftsführer gezwungen war Mitarbeiter zu entlassen bzw. die Qualität der Bonbons zu senken, um konkurrenzfähig zu bleiben. Einige Kunden blieben dem Geschäft erhalten, weil die seltenern Bonbons für sie nicht in Frage kamen, sodass das Geschäft ohne wirtschaftlichen Spielraum sein Dasein fristet.

In diesem Sinne,
euer Feuerlescher

PS: Danke, Herr Weselsky, dass wir wieder jedem in Deutschland zu tiefst dankbar sind, wenn sie blos zur Arbeit gehen.