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Mrz

Das Geschäft mit der Angst

Seit einiger Zeit informieren wir uns über die Möglichkeiten, einen Teil unseres häuslichen Energiebedarfs über autark gewonnene, regenerative Energien abzudecken. Ahnungslos bestellten wir einen Energieberater.

Ohne großartig nach unserer Motivation für die Anschaffung einer Anlage zu regenerativen Stromerzeugung zu fragen, begann er das Gespräch. Strukturiert arbeitete er seine Flyer ab. Als erstes stand die Strompreisentwicklung auf seiner Agenda. „Schauen wir uns ihren Strompreis an. Der wird, allein durch die natürliche Inflation von 2%, immer weiter steigen!“ – „Okay“, denke ich selbstregulierend: „Das federn wir ab, in dem wir ab jetzt nur noch im Discounter kaufen.“ Doch für den Berater war das erst der Aufschlag: „Wissen Sie, wie viel radioaktives Material in einen Castor passt?“ Irritierte Blicke von mir und meiner Frau. „Lediglich 150 kg! Da hat sich die Bundesregierung die Katze noch nicht aus dem Sack gelassen! Zur Inflation kommen als noch die Kosten für den Atomausstieg!“ Verunsichert schaue ich meine Frau an und überlege: „Ich kann vor der Schule noch Zeitungen austragen oder abends Regale im Supermarkt spiegeln.“ Doch der Experte legte gleich nach: „Wenn Sie die Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, dann wird der Strom einfach abgeschaltet.“ Ich überlege: „Auf dem Wegen zwischen meinen zukünftigen drei Arbeitsstellen kann ich noch prima Pfandflaschen sammeln,“ und fühlte mich sicher, doch der Fachmann hatte noch einen Pfeil im Köcher: „Ich denke, Sie sind über die aktuellen Entwicklungen informiert“, fuhr er fort: „Trotz der Corona-Epedemie können wir noch die Photovoltaikanlagen liefern! Jedoch können wir unser Angebot nur  48 Stunde aufrecht erhalten.“ Ich akzeptiere, dass ich vor der Schule Zeitungen austrage und nachher im Supermarkt aushelfe. Dort könnte ich auch direkt die tagsüber gesammelten Pfandflaschen abgeben. Alles eine Frage der Organisation. Bedrückt verabschiede ich den engagierten Mann an der Tür und mache mich direkt an die Organisation und die Bewerbungen. 

Zwei Tage später rief der Berater an und wollte gleich einen Installationstermin aus machen. Ich erkläre ihm, dass das warten muss, weil mir meine Maßnahmen gegen Altersarmut, Versorgungsunsicherheit und die drohende Pandemie keine Zeit ließen, um mich mit meiner Frau über eine derart kostenintensive Anschaffung auszutauschen. 

Da ich auch noch keinen weiteren Nebenjob gefunden habe, arrangiere ich mich derzeit mit der romantische Vorstellung, mit vielen Gleichaltrigen bei Altersarmut in unserem unbeheizten Haus im Kerzenlicht eiskalte, abgelaufene Dosenravioli von der Tafel zu genießen. 

In diesem Sinne

Euer Feuerlescher

Gewidmet ist der Text allen Panikkäufern. Hoffentlich lachen sie nicht zuletzt.


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