8
Aug

TV-Serie-Wetter

Sommerferien! Leider fehlt hier in Münster das entsprechende Wetter. Eine Reklamation der Ferien kommt nicht in Frage, weil die Anlaufstelle wegen schlechtem Wetter geschlossen ist. Daher bleibt mir nix als ein Internet-Video-Portal, um mich unterhalten zu lassen.

Schnell fand ich eine typische Jugendserie, in der alles vorkam, was ich mir für meine Sommerferien so erträumte: Regen gab es in der Serie nicht. Jeder hatte seinen eigenen Pool. Die Häuser waren jedes für sich größer als Prora. Zu jedem Haus gehörten mehr Autos als ich Uhren habe und eine Haushälterin war obligatorisch. Ich fühlte mich wohl in dieser virtuellen, luxuriösen Welt und erkannte zunehmend Parallelen zwischen mir und dem gutaussehenden, intelligenten Hauptdarsteller. Rasch verliebte ich mich in die Hauptdarstellerin mit ihren wunderbaren treuen, braunen Augen, ihrem schulterlangen, haselnussbraunen Haar und ihrem unermüdlichen Gerechtigkeitssinn. Morgens vor dem Frühstück ging es zum Surfen. Am College besprachen wir  eigentlich nur, wann, wo, wie und wozu Abends die Party steigt. Nachmittag wartete in der perfekt aufgeräumten Villa die Haushälterin mit einem Drei-Gänge-Menu und Abends steigt dann auf einer Yacht die Morgens anvisierte Party. Ich plante gerade mein erstes Date am Strand im Sonnenuntergang und träumte mich in die Arme der zauberhaften Hauptdarstellerin, da klingelte meine Nachbarin: „Guten Tag Herr Lesch, haben Sie schon den Hausflur gewischt?“.

In diesem Sinne,

euer Feuerlescher

Widmung: Ich gratuliere auf diesem Weg Dirk Oertker herzlichst zum Geburtstag.


4
Jun

Du bist, was du isst!

Geboren wurde ich  im 1985 Jahr des Herrn. Es dauerte nicht lange, da wusste ich sämtliche Lebensmittel der Welt zu schätzen. Ich mochte Fleisch, ganz gleich von welchem Tier, Obst, egal von welchem Kontinent, Gemüse, ganz gleich ob vom Bauern oder dem Großmarkt, Teigwaren, egal ob aus der Tüte oder dem heimischen Backofen, Weingummi sowie Schokolade und Chips. Ich war für alles zu haben.

Doch bereits in der Kinderwiege musste ich Wild und Pilze von meinem Speiseplan streichen, da diese dank eines kontrollierten Reaktorexperiments in Tschernobyl plötzlich von alleine strahlten. Etwa 15 Jahre später musste ich mich vom geliebten Rindersteak verabschieden, um nicht dem Rinderwahn zu erliegen. 2002 strich ich Kekse, Kaffee und Kartoffeln aus meinen Menüplänen, um dem kanzerogenen Acrylamid aus dem Weg zu gehen. Was 2003 mit der Vogel- und Schweinegrippe begann, führte der Dioxin-Skandal Anfang des Jahres zu einem Ende: Ich verzichte seit dem auf Schweine- und Hühnerfleisch sowie Eier. Ergo auf jedes in Deutschland verfügbare Fleisch. Mit dem Aufkommen der Gentechnik konnte ich mir auch bei Getreideprodukten nicht weiter sicher sein. Dank der Gewinnorientierung einige Barkeeper verloren einige Urlauber durch einen Methanol-Cocktail ihr Leben und ich die Lust am Trinken. In den letzten Wochen nahm mir der EHEC-Virus jegliches Verlangen nach Obst und Gemüse.

Daher ernähre ich mich – so wie ich es als Kind schon intuitiv gemacht hätte, wenn meine Eltern nicht gewesen wären – nur noch von Schokolade und Weingummi.


24
Mai

Ist der Ruf erst ruiniert, . . .

Mein Großvater musste voriger Woche auf eine Dienstreise nach New York. Es sollte die letzte vor dem Ruhestand sein, denn er war schon leicht gebrechlich geworden. Für sich und meine Oma hatte er einen schönen Alterssitz im Münsterland gekauft. Bald würden sie dort hinziehen. Er hatte also alles, was er wollte. Als er sein New Yorker Hotelzimmer räumte, um endlich nach Hause zu fahren, betrat das Zimmermädchen den Raum und begann, das Bad zu wischen. Er dachte sich nichts dabei, checkte aus und nahm ein Taxi zum Flughafen. Der Zündschlüssel war noch nicht ganz gedreht, da stoppte das Taxi auch schon wieder und Polizisten nahmen meinen Großvater fest. Am gleichen Abend führte man ihn den Medien vor, als sei er bereits auf dem Weg zum Henker. Medien und Polizei hatten ihm bereits den Prozess gemacht, ohne dass sich ein Gericht bemühen musste. Er galt als schuldig, weil er die Möglichkeit zur Straftat hatte. Doch haben wir nicht alle Hände, mit denen wir Klauen könnten? Besitzen nicht alle Füße, mit denen wir treten könnten? Nehmen wir nicht alle am Straßenverkehr teil, so dass wir über rot fahren könnten? Hat nicht jeder ein Geschlechtsorgan, mit dem er vergewaltigen könnte?

Ich denke, wir sollten jeden prophylaktisch festnehmen. Nur der, der für jede Stunde in den letzten 5 Jahren ein Alibi hat, der sollte wieder auf freien Fuß gelassen werden. Wenn man von Grund auf misstrauisch ist, kennt man zwar keine Freunde, aber wenigstens wird man ab und zu positiv überrascht, was zumindest ein kleiner Trost für unsere Gesellschaft sein sollte.


5
Mai

Nur ein Traum?

In der Nacht von Sonntag auf Montag habe ich geträumt: „Vor unserem Haus stand eine Gruppe von Leuten. Einer machte sich auf, ein Loch in unsere Hecke zu reißen. Vorsichtig stiegen vier von ihnen durch das Loch in unseren Garten. Sie brachen die Terrassentür auf und verwüsteten das Wohnzimmer. Danach poltern sie die Treppe hoch. Meine Frau schreckte auf und auch ich wurde wach. Im nächsten Moment traten sie die Tür ein und schossen meiner aufspringenden Frau ins Bein. Ich wollte ihr gerade zur Hilfe eilen, da spürte ich den Gewehrlauf vor meiner Stirn und bei mir gingen die Lichter aus.“ Schweißgebadet wachte ich auch. „Puuh“, dachte ich: „Zum Glück wacht über uns die Polizei, zum Glück verbietet unser Rechtsverständnis die Selbstjustiz und zum Glück sorgt unserer Rechtssystem dafür, dass ein jeder von einem Gericht angehört wird.“ Dennoch ging ich mit etwas mulmigem Gefühl zum Kühlschrank, bevor ich wieder einschlief.


26
Apr

Ich habe 10 Bäume, also gieße ich nur einen!

Ganz Deutschland lebt in Angst vor der radioaktiven Strahlung! Ganze Landtagswahlen werden von der Debatte um den „Atomausstieg“ entschieden! Ganz Deutschland will den Atomausstieg, damit man endlich wieder ohne Angst einschlafen kann! Ganz Deutschland scheint zu übersehen, dass unsere französischen Nachbarn weiterhin unbeirrt auf den Atomstrom setzen. Ganz Deutschland glaubt anscheinend, dass die bei einer Reaktorkatastrophe austretende Radioaktivität an der deutsch-französischen Grenze stehen bleibt, weil ihr die Grenzüberschreitung untersagt wird.

Ist es nicht erschreckend, wie eindimensional wir denken: „Oh, Reaktorkatastrophe . . .ähm Atomausstieg!“ – „Oh, Dioxin-Skandal . . . ähm Vegetarier!“ – „Oh, ein Plagiat . . . ähm kein guter Verteidigungsminister!“ – „Oh, Portugal ist Pleite . . . ähm wir geben Geld!“ Doch schützt uns der nationale Atomausstieg restlos vor der radioaktiven Gefahr?  Nehmen Vegetarier wirklich kein Dioxin zu sich?  Ist die Schnittmenge von Kopieren und Verteidigen so groß?  Doch kann eigentlich nicht nur der geben, der auch etwas hat?


8
Apr

Meine Lieblingslehrerin

Ich weiß es noch, als wäre es gestern: zehnte Klasse, zweite Stunde, Englisch bei Frau Müller, die ich im Übrigen hasste. Der Unterricht war gerade gestartet, da kündigte Frau Müller einen spontanen Vokabeltest an. Ich hatte schon erwähnt, dass ich diese Frau hasste? Nachdem ich sechs aus 49 Vokabeln übersetzen konnte, ging es nahtlos zur Besprechung der Hausaufgaben. „Stefan, bitte lies mal deine Hausaufgaben vor!“, forderte Frau Müller. Hatte ich erwähnt, dass ich diese Frau hasste? Geistesgegenwärtig bediente ich mich an Sandras Heft und trug vor. „Danke Stefan, deine Hausaufgaben weisen gravierende Mängel in der Grammatik auf. Komm doch nach der Stunde zu mir!“, bewertete Frau Müller, die ich im übrigen hasste, Sandras Hausaufgaben. Sofort war mir klar, dass ich Sandra Nachhilfe anbieten müsse. Danach diskutierten wir über den Sinn von William Goldings „Lord of the flies“. Dieses Buch wurde ausgesucht, weil es soooo viel hergibt, zumindest sagte das Frau Müller. Hatte ich erwähnt, dass ich diese Frau hasste? Als die Stunde fast gelaufen war und ich mich schon in Sicherheit glaubte, verkündete Frau Müller: „Wir schreiben die Klausur doch noch vor den Osterferien!“ Ich erwähnte bereits, dass ich diese Frau hasste! Nach der Stunde stapfte ich wiederwillig zu Frau Müller, um mir Sandras Englischdefizite erklären zu lassen und optimale auf die Nachhilfe vorbereitet zu sein. Ich hatte erwähnt, dass ich Frau Müller hasste, oder!?

Als ich nach der Schule auf meinen Kollegen wartete, kam Frau Müller vorbei, blieb vor mir stehen und sagte: „Ist es nicht prächtig, dass wir beide uns so gut verstehen?“


19
Mrz

Gedenken der Menschen in Not

In Zeiten wie diesen sind wir betroffen, entsetzt, erschüttert, vielleicht sogar verstört oder verständnislos. Die Welt wird in ihren Grundfesten erschüttert. In Afghanistan sitzen unsere Truppen und keiner hat sie gerufen, in Tunesien kämpfen Aufständische für die Menschenrecht und wir verweigern die Hilfe. Tausende von Menschen harren in Japan bei eisiger Kälte obdachlos aus und können nur hoffen, nicht Opfer der gewinnorientierten Energiewirtschaft zu werden.  Vielleicht sind in diesen Zeiten die Neujahrs-Worte des Pfarrers vom St. Lamberti zu Münster (1883) aktueller denn je:

„Herr, setze dem Überfluss Grenzen und lasse die Grenzen überflüssig werden.

Lass die Leute kein falsches Geld machen und auch das Geld keine falschen Leute.

Nimm den Ehefrauen das letzte Wort und erinnere die Männer an ihre erstes.

Schenke unsren Freunden mehr Wahrheit und der Wahrheit mehr Freunde.

Bessere solche Beamte, Geschäfts- und Arbeitsleute, die wohl tätig, aber nicht wohltätig sind.

Gib den Regierenden ein gutes Deutsch und den Deutschen eine gute Regierung.

Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen – aber nicht sofort.

In diesem Sinne,

euer Feuerlescher


11
Mrz

HA-Sapiens

„Oswald, bitte trag deine Hausaufgaben zum Thema Globalisierung der Textilindustrie vor“, Oswald schaute auf eine fast leere Collegeblockseite und las: „Ein einziges Kleidungsstück wird in verschiedenen Staaten produziert, sodass es möglichst günstig angeboten werden kann.“ – „Deine Ausführungen sind sehr knapp gehalten. Sie sind zwar korrekt, aber wir hören noch eine weitere Hausarbeit. Marina, bitte lies deine Hausaufgaben vor.“ Marina nutzte die Aufmerksamkeit und verlas ihre 3-seitige Abhandlung zur Globalisierung.

Dies ist nur eines von vielen typischen Beispielen, die zeigen, dass die modernen, aufgeklärten Schüler noch mehr Urmenschen sind, als uns lieb ist. Schüler sind Jäger, die sich ein Ziel sorgfältig herauspicken, dieses observieren und sich heranpirschen, um es im Wettkampf zu erlegen und sich von den Frauen feiern zu lassen. Auf die Hausaufgaben projiziert, sucht der Schüler den wichtigsten Aspekt, schreibt diesen auf und erwartet vom Lehrer, dass er ihm um den Hals fällt. Schülerinnen hingegen sind Sammlerinnen, die zunächst alles anschauen, anhören, ertasten oder beschnuppern, so wie damals die Sammlerinnen ihren Clan mit Gemüse, Obst und Kräutern am Leben hielten, wenn der Mann gerade kein Mamut erlegt hatte. Also fast immer. Die Schülerin von heute sammelt alle Informationen, die mehr oder meistens eher weniger mit dem Thema zu tun haben und schreibt sie auf, um sie dann zu verlesen, wenn die Schüler mal wieder kein Mamut erlegt, also keine Hausaufgaben gemacht haben.

Damals funktionierte das Überleben nur gemeinsam im Clan. Wenn die Männer ohne Beute in die Gruft zurückkehrten, dann sorgten die Frauen mit dem gesammelten Lebensmittel fürs Überleben. Heute könnte das Schulleben deutlich besser verlaufen, wenn die Schüler etwas mehr Informationen sammeln und die Schülerinnen eine Gewichtung der gesammelten Informationen vornehmen würden.

Da ich selber viel zu lange Schüler war, ist auch dieser Feuerlescher etwas kürzer.

PS: Damit hier nicht bald Zapfstreich zu „Smoke on the water“ herrscht: Die Ursprungsidee ist der Theater One-Man-Show „Caveman“ der TheaterMogul GmbH entnommen.


26
Feb

Unterrichtsvorbereitung

„Jeden Schüler da abholen, wo er steht!“ so titelt das Kultusministerium Niedersachsen auf seiner Homepage. Das ist nicht räumlich gemeint. Ergo muss die Lehrerschaft kein Taxiunternehmen gründen, obwohl dies im Hinblick auf die sinkenden Schülerzahlen vielleicht gar nicht so unklug wäre!?

Im übertragenen Sinne fordert die Parole von mir, meine Schüler zu verstehen, um auf jeden geistigen Aussetzer der Schutzbefohlenen souverän reagieren zu können. Als motivierter Lehrer folgte ich natürlich diesem Ratschlag und stieg hinab in die mitunter geistfrei, intelligenzferne Welt der deutschen Privatsender. Getreu dem Motto „Wenn alle drüber lästern, dann haben es auch alle gesehen!“ suchte ich mal wieder den Superstar. Hatten wir ihn nicht schon längst gefunden? Wer hat ihn bloß verloren gemacht? Jetzt müssen wir ihn schon wieder suchen? Als ich die Struktur der Sendung verstanden hatte, war mein Augen‑Tinnitus (Augenkrankheit die vortäuscht, dass überall Pfeifen zu sehen sind) so akut, dass ich mich erst einmal an den Schreibtisch setzte. Dort lag die Unterrichtsvorbereitung zum deutschen Staatssystem.

Nachdem die Symptome meiner Augenkrankheit abebbten, fiel mir eine verblüffende Ähnlichkeit auf. Die Struktur der Superstarsendung und des deutschen Staatssystems sind nahezu identisch, wenn man nicht so genau hinschaut. Okay, es gibt keine Parteien. Aber es gibt die großen Politikkritiker der bekannten deutschen Tageszeitungen, die an der Urne zwar auch nur eine Stimme haben, aber Millionen Bürger mit Ihrer Berichterstattung irritieren. Man könnte sie folglich auch Juroren nennen. Natürlich gibt es das freie, geheime Wahlrecht. Praktischer Weise wurden im TV die Urnen & Zettel durch das Telefon-Voting ersetzt.  Die Kandidaten nehmen symbolisch den Part der Parteien ein und anhand des Recall-Verfahrens kann mit etwas Phantasie die 5%-Hürde erklärt werden. Glücklich über diesen Vergleich und mit dem Bewusstsein einen guten Aufhänger für die nächste Stunde zu haben, haute ich mich wieder vor die Glotze und blieb im Heute-Journal hängen.  Dann fielen mir noch weitere Gemeinsamkeiten auf: Es gibt keine Wahlpflicht und jeder hat nur eine Stimme, wobei die Superstar-Zuschauer wahrscheinlich davon ausgehen, dass sie nach dem Telefon-Voting ihre Stimme abgegeben haben und damit gar nicht erst zur Urne schreiten dürfen. Das wäre eine mögliche Erklärung für die niedrige Wahlbeteiligung (z. B. in Hamburg). Als das Heute-Journal zur Rubrik Innenpolitik kam, da lief mir ein Schauer den Rücken herunter: Bei beiden Auswahlverfahren kann man nur die wählen, die sich zur Wahl aufstellen lassen.


14
Feb

Auf dem Weg zum Flirtgott (III/III)

Da saß sie. Wunderschön war sie anzusehen. Allein ihre Anwesenheit machte mich verlegen. Es war Zeit zu handeln. Ich musste an sie herankommen. „Besser für 5 Minuten ein Loser, als ein ganzes Leben lang“, machte ich mir Mut. Sie war mir die ganzen Wochen nicht aus dem Kopf gegangen. Ständig verglich ich die Personen um mich herum mit ihr. Ich musste mir eingestehen richtig dick verliebt zu sein. Sie war schließlich überall und doch sah sie keiner außer mir. Ich wusste, dass ich es nicht aushalten würde, sie vorerst nicht wieder zusehen. Schon im letzten Feuerlescher hatte ich bemerkt, dass die auswendig gelernten Flirtsprüche kaum Erfolg haben und auch der künstlich maximal pigmentierte Gigolo kläglich scheiterte. Was sollte ich tun? Ohne ihren Namen würde ich zu Grunde gehen.

Also trank ich meine ungesunde Sprite aus, nahm all meinen Mut zusammen, stand auf, stolperte zielstrebig auf den freien Stuhl an ihrem Tisch zu, schob ihn semicool beiseite, schaute sie an und stand für einen Moment da, wie ein angepinkelter Gartenzwerg. Dann rannte ich weiter zur Toilette. „Nein, für so was war ich nicht geschaffen! F**k! Da soll sie doch mich ansprechen!“

Beim Blick in den Spiegel bemerkte ich sofort, dass sie mich nicht einmal realisieren würde. Also war ich am Zug.

Mit dieser Gewissheit nutze ich erstmal die sanitären Anlagen zur Erleichterung, warf einen letzten demotivierenden Blick auf mein Spiegelbild, atmete ein letztes Mal in der nikotinverseuchten Luft tief durch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Dann tänzelte ich durch die Menschenmenge zum Tisch meiner Herzdame, ließ mich möglichste elegant auf den Stuhl plumpsen und sagte ihr, dass ich der Lesch bin.

Dies war der Beginn des längsten Moments in meinem Leben. Ich fing an zu Zittern. Mir wurde warm und kalt. Am liebsten wäre ich geflohen. Ich war rot wie ein Feuerlescher. Tage vergingen. Doch dann stellte sie sich vor. Das war der Startschuss für eine lange Diskussion über das deutsche Schulsystem. Wir bemerkten die gleichen Interessen zu haben und tauschten unser Wissen über die chinesische Küche und den Badmintonsport aus. Je länger ich mich mit ihr unterhielt, desto vollständiger wurden meine Sätze. All meine Ängste waren also vergeblich gewesen. All mein Zittern war unnötig. Sie war wirklich sehr nett zu mir.

So traf ich sie einige Male wieder, schwärmte immer mehr für sie, behandelte sie übermäßig freundlich, machte ihr phantasievoll übertriebene Komplimente, träumte nur noch von ihr, wünschte mir nichts mehr als sie zu küssen und in ihren Armen zu liegen.

Nun sind wir Freunde.

Im Sinne des Bischofs Valentin,

euer Feuerlescher

PS: Vor etwa sieben Jahren spielte sich die beschriebene Geschichte ab, jedoch mit deutlich besserem Ende für den Autor! Katharina, ich liebe dich!